Erlauben Sie mir, dass ich mich mit diesem Schreiben an Sie wende. Es geht dabei um Vorkommnisse rund um die Glückskette im Tsunami-Katastrophengebiet Thailands. Ich bin ein Schweizer Bürger, der seit 10 Jahren zeitweise in Thailand lebt und sich in einem privaten Hilfsprojekt engagiert hat.
Vorweg die wichtigsten Fakten: Bei der Flutkatastrophe vom 26. Dez. 2004 habe ich 4 Schweizer Freunde verloren und nach dem eigenhändigen Kremieren derselben wurde mir klar, dass ich den Überlebenden jetzt helfen muss.
Das Katastrophengebiet sah aus wie eine gespenstische Mondlandschaft, und von überall her wurden Leichen zu den Tempeln gebracht.
Ich benachrichtigte ein paar deutschsprachige Bekannte – Deutsche, Schweizer und Österreicher – und unter der Schirmherrschaft des Deutschen Honorarkonsuls für Süd-Thailand, Herrn Dirk Naumann, gründeten wir die Foundation „Farang-Jai-Dee“. Innerhalb einiger Wochen hatten wir über € 450’000 Spenden gesammelt, schlussendlich wurden es gar über € 800’000.
Da einige Spenden auch von Hilfsorganisationen aus Deutschland und aus Österreich eintrafen, kam mir der Gedanke eines Hilferufs an die Glückskette. Doch auf diesen erhielt ich kein Feedback. Ich hatte offen gestanden auch keine Zeit mehr, diesbezüglich weiter zu intervenieren.
Am 1. Februar 2005 wurde mir das Statement der Herren Bollmann und Jeanneret in der Presse (Blick) gemailt. Es lautete, dass nur 15% der 200 Mio. Spendengeldern vorerst für Soforthilfen eingesetzt würden, die restlichen Spenden auf verschiedenen Banken in der Schweiz und Europas „parkiert“ würden.
Nach diesem Statement konnte ich nicht mehr mit meiner Meinung zurückhalten, denn ich war schliesslich an Ort mitten im Katastrophengebiet und erlebte die unglaubliche Not der Ueberlebenden. Über 8000 Menschen starben in Thailand, 100’000 wurden obdachlos, hatten Eltern, Kinder, Brüder oder einen Verwandten verloren.
Ich kriegte auch mit, wie internationale Hilfsorganisationen tonnenweise Reis verteilten, dabei aber völlig laienhaft übersahen, dass die Menschen noch nicht einmal mehr einen Reiskocher besassen. Genauso wurden tonnenweise Wolldecken verteilt, bei 40° im Schatten!… Der Reis wie auch die Wolldecken wurden zudem sofort von korrupten Behördenmitgliedern weiter verschoben.
Ich entschloss mich deshalb, eine Mailaktion mit dem Ziel zu lancieren, die Glückskette auf die katastrophale Not hier in den Lagern hinzuweisen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt waren erst im April 2005 lediglich einmal Fr. 100’000 Spenden von der Glückskette an „Soforthilfe für Auslandsschweizer“ nach Thailand geflossen. Bis 2009 wurden insgesamt nur rund 2.5 Mio. von der Glückskette an ein sehr umstrittenes Projekt in Kooperation mit der DEZA in Thailand gespendet. Ein Projekt, das zwar Bundesrätin Calmy-Rey anfänglich prominent in die Schlagzeilen rückte, dessen Zweck aber von Beginn weg sehr umstritten war.
Ich war und bin heute noch davon überzeugt, dass hilfsbereite Schweizer nur durch den traurigen Umstand, dass Thailand auch von der Flutkatastrophe betroffen worden war, in der Schweiz über 220 Mio. spendeten. Die Menschen in der Schweiz kannten das wunderschöne Ferienland Thailand, sie kannten die Ferieninsel Phuket – hingegen nur ganz wenige die Orte Banda Aceh in Indonesien oder Sri Lanka. 80 % dieser 228 Mio. Franken, d.h. 180 Mio., wurde zugunsten Thailands gespendet, aber nur 3 Mio. kamen letztlich konkret in Thailand an…
Auf meine Mailaktion reagierte Herr Jeanneret mit folgenden Worten:
«Sehr geehrter Herr Schäfer
ich weiss nicht, wie sie dazu kommen, ein derartiges Pamphlet in der Welt herum zu schicken, das vor Unwahrheiten, absurden Behauptungen und Fehlinformationen nur so strotzt…»
Weiter:
«Ich bitte Sie deshalb inständig, diesen polemischen Blödsinn nicht weiter zu verbreiten. »
Herr Jeanneret beschuldigte mich als Lügner, was einer völlig haltlosen und nicht zu entschuldigenden Unterstellung entspricht. An dieser Stelle rufe ich in Erinnerung, dass ich damals täglich vor Ort im Katastrophengebiet war, mithin wusste, von was ich sprach!
Meine Mailaktion war nichtsdestotrotz höchst erfolgreich, denn Jeanneret wurde konzilianter und kündigte mir plötzlich den Besuch von Projektleiter Heribert Kaeser an.
Herr Kaeser reiste zweimal nach Thailand, besuchte mich jedes Mal und vertraute mir schliesslich an, ich hätte keine Chance bei der Glückskette. Jeanneret würde alles, was mich beträfe rigoros abblocken. Und weil die Glückskette keine Hilfsorganisationspartner in Thailand habe, passiere auch in Thailand nichts betreffend Hilfe.
Herr Rüegg, ich bitte Sie, befragen Sie Herrn Kaeser dazu, er wird ihnen dies jederzeit gerne bestätigen!
Ende August 2005 meldete sich sodann ein Herr Reinhard Gasser bei mir, um mir mitzuteilen, er wolle mich treffen. Herr Gasser mietete sich für 3 Monaten in einem feudalen Büro in Phuket ein und wohnte in einem ebenso feinen Hotel.
Bei unserem ersten Meeting stellte sich Herr R. Gasser, als „Delegate Thailand vom Schweizerischen Arbeiterhilfswerk (SAH)“ vor. Er fragte mich, was ich wolle? Ich gab ihm zu verstehen, dass ich überglücklich wäre, eine Spende von der Glückskette zu bekommen – nur schon deshalb, weil meine deutschen und österreichischen Kollegen auch solche von bekannten Hilfsorganisationen aus ihren Ländern erhalten hatten. Er fragte mich, wie viel Geld ich mir vorgestellt hätte. Worauf ich erwiderte, dass ich mich über jeden Franken freuen täte. Er: «Wenn Sie über Fr. 100’000 wollen, dann dauert der Antrag über 1 Jahr, wenn sie aber unter Fr. 100’000 bleiben, dann kann ich versuchen, den Antrag in 3 Monaten durchzubringen.»
Zusammen mit Herrn Gasser hatte ich fast 2 Tage lang den über 10 seitigen Antrag für die Glückskette ausgefüllt. Hr. Gasser hatte unser Hilfsprojekt auch vor Ort besichtigt, da dieses nur ca. 10 km vom DEZA/Glückskette-Projekt entfernt lag. Nach der Besichtigung war er damals fest davon überzeugt, dass die Glückskette unser Projekt unterstützen würde, ja sogar unterstützen müsste. Der Antrag wurde bei einer der monatlichen Sitzungen dennoch abgelehnt.
Daraufhin haben sich die Schaffhauser Nachrichten über die Absage der Glückskette in einem Artikel geäussert. Nach Erscheinen dieses Artikels hat sich Roland Jeanneret bei Herrn Beat Rechsteiner (Blattmacher der SN) gemeldet und ihn in übelster Weise beschimpft. Selbst Herr Beat Rechsteiner erteilt darüber gerne jederzeit Auskunft!
Unabhängig davon, wurde unser Projekt 2007 sehr erfolgreich abgeschlossen und erweist sich selbst heute noch als nachhaltig. Die 120 Menschen in dem neu erbauten Dorf bestreiten ihren Lebensunterhalt wieder selber. Der Kindergarten, anfänglich für 100 Kinder geplant, musste bereits erweitert werden.
>>Wir konnten so Betroffene motivierend zu Beteiligten aufwerten!<<
Ich bin überzeugt, dass unser Projekt nur deshalb so erfolgreich verlief, weil wir die Zusammenarbeit an Ort mit einem Tempel und nicht mit den Behörden gewählt haben; denn leider mussten wir bereits zu Anfang rasch feststellen, dass eine Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden in eine Katastrophe führen würde. Konklusion: Die allgegenwärtige Korruption hat schliesslich auch das Projekt der DEZA/Glückskette zum Scheitern gebracht. Ja, das DEZA/Glückskette–Projekt hat sogar die Menschen in der Region gespalten, denn effektiv haben davon vor allem bereits sehr wohlhabende Thais profitiert…
Durch die Kooperation mit einem Tempel an Ort, konnten wir auch ethnischen Minderheiten helfen, welche in den Augen/Akten der Behörden gar nicht existierten.
Ende 2007, erhielt ich bislang zum letzten Mal eine e-mail von Herrn Jeanneret:
«Herr Schäfer
so einseitig-mies informiert, wie Sie sich hier geben, möchte ich auch mal sein dürfen. Wie Sie das machen, fällt auf Sie zurück. Sie halten es offenbar wie Christoph Blocher: am Schluss demontiert er sich selber so, dass es keinen weiteren Kommentar mehr braucht….
Wenn mich das Geld nicht reuen würde, würde ich Ihnen zu Weihnachten eine Flasche „Primitivo“ schicken.
R. Jeanneret – SR DRS»
Epilog: Pikant ist dieses Mail auch hinsichtlich der Tatsache, dass sich der Unterzeichnete Jeanneret klar als Repräsentant von SR DRS ausgibt. Ich frage Sie: Muss ich mir als Schweizer Bürger, der sich für die notleidenden Menschen vor Ort einsetzt, solche Beschimpfungen eines offiziellen Vertreters einer öffentlich-rechtlichen Anstalt gefallen lassen? Ist dieser Ton normal? Ich gestehe, ich staune sehr darüber…
Das Fazit unserer konkreten Hilfsleistungen:
Innerhalb von nur 9 Monaten:
Farang-Jai-Dee-Foundation gegründet
- Projekt evaluiert
- Land gekauft
- 32 Häuser inkl. Gemeindezentrum erstellt
- Einen Kindergarten für ca. 100 Kinder realisiert
- Eine Bootswerft erbaut
September 2005, nur 9 Monaten nach der Flutkatastrophe, konnten die 32 Familien bereits ihre 32 neuen Häuser beziehen. Unser Kindergartenprojekt steht weit herum als etwas Einmaliges da.
Am 8. Mai 2006, vor genau 3 Jahren, wurde unser Dorf offiziell eröffnet. Unter den Gästen befand sich auch der Projektleiter des DEZA/Glücksketten-Projekts.
2007 wurde unser Hilfsprojekt erfolgreich und mit einer nachweisbaren Nachhaltigkeit abgeschlossen und dem Tempel übergeben.
Totale Spenden: € 820’000, welche zu 100% eingesetzt wurden.
Bei der Glückskette sieht die Bilanz vor Ort leider eher unerfreulich aus. Ausser Beschimpfungen und einer Absage habe ich von dieser für unser Hilfsprojekt nichts erhalten. Dafür bekam ein Schweizer IV-Rentner, welcher in Phuket im Sex-Geschäft mitmischt, unter Angabe einer Pseudohilfsaktion von der Glückskette Fr. 40’000. Siehe Beilage: Blick-Cover-Artikel vom 18. Mai 2006!
2008 habe ich mit ein paar Freunden in Schaffhausen den Förderverein „Schaffhausen-hilft-in-Thailand“ (www.schaffhausen-hilft-in-thailand.ch) gegründet, um das von Farang-Jai-Dee erfolgreich gestartete Kindergarten-Projekt – wo heute nicht wie budgetiert 100, sondern täglich über 200 Kinder betreut werden – weiter zu unterstützen. Schirmherr ist der Stadtpräsident von Schaffhausen.
Sehr geehrter Herr Rüegg, ich bin am Ende meines Schreibens angelangt. Dessen Zweck sehe ich darin, Sie nüchtern und fern jeder Polemik über das meiner Ansicht nach befremdliche Verhalten des Glückskette-Sprechers hinzuweisen. Irre ich mich, wenn ich die Tonalität und den Umgang mit einem erfolgreichen Hilfsprojekt für deplatziert halte? Ist es bei der Glückskette üblich, dass Projekte auf Grund persönlicher Abneigung abgelehnt werden? Ist es wirklich die richtige Strategie, wenn die Glückskette die offenkundigen Schwierigkeiten beim Projekt mit der DEZA negiert? Hier an Ort wissen alle, wie zweifelhaft die Bilanz ausfällt. Haben die Spender in der Schweiz kein Anrecht darauf, korrekt informiert zu werden?
Dies sind einige der Fragen, welche mich nach wie vor umtreiben und zu denen ich gerne eine Antwort von Ihrer Seite wünschte.
Mit Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit
bestens grüssend
Hans Schäfer
Kopie an: Roland Jannerert – SR DRS